Schon seit vielen Jahren zählt die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) zu den wichtigsten privaten Versicherungen, denn das Risiko der Berufsunfähigkeit ist in der Vergangenheit auch in nicht körperlich belastenden Berufen zum Teil deutlich gestiegen.
Mit Eintritt der Berufsunfähigkeit fällt auf einen Schlag das vorherige Einkommen weg, sodass für die Betroffenen erhebliche finanzielle Einbußen die Folge sind. Trotz der Bedeutung der Berufsunfähigkeitsversicherung als private Absicherung nutzen nicht einmal 40 Prozent aller berufstätigen Bundesbürger eine derartige Absicherung. Warum das so ist, was die Berufsunfähigkeitsversicherung leistet und ob nicht die gesetzliche Erwerbsminderungsrente auch ausreichen würde, darauf möchten wir im folgenden Beitrag eingeht.
Zahlreiche Menschen verlassen sich auf Erwerbsminderungsrente
Ein wesentlicher Grund dafür, dass bei Weitem nicht so viele Bundesbürger eine Berufsunfähigkeitsversicherung nutzen, wie es eigentlich sinnvoll wäre, besteht darin, dass die Erwerbsminderungsrente als ausreichend angesehen wird. Zahlreiche Menschen verlassen sich einfach darauf, dass der Staat im Fall einer Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit schon eintreten wird und für eine ausreichende Versorgung sorgt.
Dies ist zwar in Teilen der Fall, denn immerhin existiert im Rahmen der Sozialversicherung auch die gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Allerdings kann diese aus der Rentenversicherung stammende Versorgung nahezu in keinem Fall ausreichen, um den bis dato erarbeiteten Lebensstandard auch nur annähernd zu erhalten. Warum dies so ist, können Sie dem folgenden Abschnitt über die Erwerbsminderungsrente entnehmen.
Erwerbsminderungsrente nur eine Grundversorgung
Die Erwerbsminderungsrente ist tatsächlich nur eine absolute Grundversorgung, falls Sie erwerbsunfähig werden sollten. Hier kommt auch bereits der erste wichtige Unterschied zur privaten Berufsunfähigkeitsversicherung zum Tragen, nämlich dass die Erwerbsminderungsrente nur unter der Voraussetzung gezahlt wird, dass Sie erwerbsunfähig sind. Eine reine Berufsunfähigkeit würde also nicht ausreichen, denn dann müssen Sie zumindest versuchen, zunächst noch in einem anderen Beruf zu arbeiten. Erst unter der Voraussetzung, dass Sie tatsächlich keine Erwerbsfähigkeit mehr eine bestimmte Anzahl von Stunden am Tag nachgehen können, kann die Erwerbsminderungsrente gezahlt werden.

Die Erwerbsminderungsrente gibt es in zwei Versionen, nämlich als volle Rente oder als Teilrente. Welche dieser zwei Varianten Sie im Fall einer eingetretenen Erwerbsfähigkeit erhalten, kommt darauf an, wie viele Stunden Sie pro Tag noch arbeiten können. Sind Sie dazu in der Lage, weniger als sechs Stunden, jedoch mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten, würden Sie eine Teilrente erhalten. Die volle Erwerbsminderungsrente wird nur unter der Voraussetzung gezahlt, dass Sie nur noch weniger als drei Stunden täglich einer beruflichen Tätigkeit nachgehen können.
Darüber hinaus besteht eine wichtige Voraussetzung für den Erhalt der Erwerbsminderungsrente darin, dass Sie innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben müssen. Aber selbst unter der Voraussetzung, dass die Erwerbsminderungsrente genehmigt wird, müssen Sie trotzdem mit deutlichen Einkommenseinbußen rechnen. Die aktuell durchschnittlich gezahlten Erwerbsminderungsrenten belaufen sich nämlich lediglich auf rund 700 Euro pro Monat, davon alleine natürlich in Deutschland praktisch niemand leben kann.
Mit welcher Erwerbsminderungsrente kann ich rechnen?
Die Höhe der Erwerbsminderungsrente, die Sie im Fall der Erwerbsunfähigkeit erwarten können, hängt von mehreren Faktoren ab. Sie basiert in erster Linie auf Ihrem normalen Rentenanspruch, den Sie ab Erreichen des Renteneintrittsalters aus der gesetzlichen Rentenkasse haben. Die Erwerbsminderungsrente wird natürlich nur so lange gezahlt, bis Sie Ihr Renteneintrittsalter erreicht haben. Die Höhe der Erwerbsminderungsrente ist insbesondere von den folgenden Faktoren abhängig:
- Anzahl der Jahre, in denen in die gesetzliche Rennversicherung eingezahlt wurde.
- Höhe des Nettoeinkommens
- Stärke der Erwerbsminderung (voll oder teilweise)
- Familienstand / Kinder
Damit sich ungefähr einen Eindruck verschaffen können, welche Erwerbsminderungsrente Sie erhalten würden, möchten wir anbei im Folgenden einige Beispiele nennen:
- Frau, 52 Jahre mit zwei Kindern – Bruttoeinkommen: 1-300 Euro – volle Erwerbsminderungsrente knapp 500 Euro
- Mann, 55 Jahre, ein Kind – Bruttoeinkommen: 2-500 Euro – volle Erwerbsminderungsrente ca. 840 Euro
- Frau, 32 Jahre, keine Kinder – Bruttoeinkommen: 1.600 Euro – volle Erwerbsminderungsrente 578 Euro
Überschlagsweise kann man also festhalten, dass die volle Erwerbsminderungsrente in etwa nur der Hälfte des bisherigen Netto-Monatseinkommens entspricht, während bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente lediglich einen etwa ein Viertel des Monatseinkommens gezahlt wird. Damit wird bereits deutlich, dass eine erhebliche Versorgungslücke besteht. Es wäre also fatal, wenn Sie sich tatsächlich darauf verlassen, dass Sie bei Erwerbsunfähigkeit durch die gesetzliche Erwerbsminderungsrente gut abgesichert sind.
Berufsunfähigkeitsversicherung als wichtiger Zusatzschutz
In den vorherigen Abschnitten wird deutlich, dass die gesetzliche Erwerbsminderungsrente alleine nicht ausreicht, um eine ausreichende Versorgung im Fall Erwerbsunfähigkeit zu gewährleisten. Hinzu kommt wie gesagt, dass Sie diese Rente nur erhalten, wenn Sie erwerbsunfähig sind. Die meisten Betroffenen sind jedoch – zumindest am Anfang – „lediglich“ berufsunfähig und hätten gar keinen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.
Aus diesen Gründen ist es definitiv empfehlenswert, eine Berufsunfähigkeitsversicherung als zusätzliche Absicherung abzuschließen. Das gilt ganz besonders für Selbstständige und Freiberufler, da diese meistens gar nicht in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen und demzufolge auch keinen Anspruch auf die gesetzliche Erwerbsminderungsrente haben. Diese Berufsgruppen würden ohne eine zusätzliche Absicherung durch die Berufsunfähigkeit-Versicherung im Fall der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit auf Sozialhilfe angewiesen sein.
Die Leistungen der BU-Versicherung
Die wesentliche Leistung einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist es, im Fall der Berufsunfähigkeit eine vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen. Wie hoch diese Rente ist, können Sie bei Abschluss des Vertrages mit der entsprechenden Versicherungsgesellschaft ausmachen. Experten raten dazu, dass die Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente sich am aktuellen Einkommen orientieren sollte. Empfohlen wird, dass die zu vereinbarende BU-Rente mindestens 70 Prozent des aktuellen Nettoeinkommens betragen sollte. Der Beitrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung richtet sich nach mehreren Faktoren, insbesondere:
- Berufsgruppe
- Alter des Versicherungsnehmers
- Gesundheitszustand
- Höhe der Berufsunfähigkeitsrente
- Zusatzleistungen, beispielsweise Einmalzahlung im Todesfall
Wichtig ist es, dass Sie sich möglichst für eine BU-Versicherung entscheiden, bei welcher der Versicherer auf das abstrakte Weisungsrecht verzichtet. Tut er dies nämlich nicht, kann er bei Eintritt der Berufsunfähigkeit verlangen, dass Sie eine andere Tätigkeit ausführen, und ist demzufolge nicht zur Leistung verpflichtet. Damit käme die Berufsunfähigkeits-Versicherung faktisch einer Erwerbsunfähigkeits-Versicherung gleich.
Als Fazit zur Frage, ob die gesetzliche Erwerbsminderungsrente eine ausreichende Versorgung für den Fall der Erwerbsunfähigkeit leisten kann, ist eindeutig festhalten, dass dies nicht zutrifft. Die weitaus meisten Betroffenen sind trotz Erhalt einer Erwerbsminderungsrente zusätzlich auf eine staatliche Versorgung angewiesen, sodass der Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Versicherung definitiv empfehlenswert ist. Dies gilt für sämtliche Berufsgruppen, insbesondere aber für Freiberufler und Selbstständige, da diese meistens noch nicht einmal den Anspruch auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente hätten.