Kommt eine Bank ins Wanken, kann dies schnell verheerende Folgen haben. Nein, wir meinen damit nicht, dass Sie sich als Verbraucher zwingend Sorgen um ihre Einlagen machen müssen. Ein Banken-Crash kommt aber meist nicht allein. Es gibt Domino-Effekte, die sich durch die gesamte Finanzbranche ziehen, und zwar global. Die Pleite der amerikanischen Silicon Valley Bank mit der anschließenden Schieflage der Credit Suisse in der Schweiz ist ein sehr gutes Beispiel für den Fakt.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele europäische Regierungen in den zurückliegenden Jahren immer wieder mit Bankunterstützungen gearbeitet haben, anstatt unprofitable Geldhäuser einfach abzuwickeln. Die Rettung stand immer an erster Stelle, koste es was wolle, zu Lasten der Steuerzahler. Die EU-Kommission hat nun einen Gesetzes-Vorschlag erarbeitet, der es den nationalen Regierungen und Aufsichtsbehörden erlaubt, kleinere und mittlere Kreditinstitute effizienter und schneller abzuwickeln.
Einlagenübertragung soll in der EU möglich werden
Im Kern geht es in der Gesetzesvorlage darum, dass die Einlagenübertragung der Kundengelder von Bank zu Bank möglich wird. Bisher war genau dieser Weg gesetzlich ausgeschlossen und undenkbar. Ein Beispiel: Kommt ein Kreditinstitut in eine Schieflage, kann die nationale Finanzbehörde anordnen, die die Konten der Kunden einfach von der Bank A auf die Bank B übertragen werden, sprich vom kriselnden Geldhaus zum gesunden Kreditinstitut. In diesem Fall müssten die Kunden eine Übertragung ihrer Konten im ersten Schritt nicht zustimmen. Es wird einfach gemacht, zur eigenen Sicherheit, wie die EU-Kommission betont. Erst im Nachhinein können die betroffenen Verbraucher ihre Konten bei der neuen Bank kündigen.
Valdis Dombrovskis, stellvertretender Chef der EU-Kommission, sieht in der Maßnahme einen wichtigen Schritt in Richtung EU-Bankenunion. Seiner Ansicht nach wird dabei die gesamte Finanz-Branche in der Euro-Zone gestärkt und gleichzeitig dafür gesorgt, dass die Kunden das Vertrauen in die Geldhäuser behalten.
Funktionsfähigkeit der Banken und Kundenzugriff soll erhalten bleiben
Die zuständige EU-Kommissarin Maired McGuiness erklärte ergänzend, dass die nationalen Finanzbehörden immer die Auswahl aus zwei Wegen haben. Sie können kriselnde Banken in die Insolvenz schicken oder für eine geregelte Abwicklung sorgen, an die später eine Übernahme durch ein anderes Kreditinstitut anschließt. Der zweite Wege soll vor allem dann gewählt werden, wenn die Banken eine gewisse regionale Bedeutung bzw. Relevanz haben.
Unabhängig davon, welcher Weg eingeschlagen wird, sollen die Kunden – also die Verbraucher – während der Abwicklungs-, Insolvenz- oder Übertragungszeit immer den vollen Zugriff auf ihre Konten haben. Der wichtigste Punkt sei, dass kein Bankkunde irgendwelche Einschränkungen spürt.
Einlagenschutz und Haftung
Des Weiteren sieht die neue EU-Gesetzesvorlage kleinere Veränderungen beim Einlagenschutz und bei der Haftung vor. Der wichtigste Punkte ist, dass die bekannte Standard-Einlagensicherung von bis zu 100.000 Euro für Privatkunden erhalten bleibt. Die EU-Kommissare schlagen vor, hier sogar eine Erweiterung vorzunehmen. Sollte der Kunde kurz vor dem Bankcrash eine größere Geldsumme geerbt oder eine Immobilie verkauft haben, so wird dieses Geld in die Einlagensicherung einbezogen, auch wenn der Betrag dann deutlich über 100.000 Euro liegt. Des Weiteren soll der Schutz zukünftig nicht mehr ausschließlich für Privatkunden gelten. Es ist vorgesehen, den Einlageschutz auf öffentliche Einrichtungen zu erweitern. Genannt werden im EU-Papier Schulen, Gemeinden und Krankenhäuser.
Die zweite Veränderung gibt’s in der Haftung. Erstrangig sollen immer die Inhaber und Investoren zur Kasse gebeten werden. Erst wenn über diesen Weg kein neues Kapital zu akquirieren ist, soll und darf der Staat (also der Steuerzahler) einspringen.
Deutsche Bankwirtschaft lehnt die Vorschläge ab
Die Kritik auf den neuen EU-Vorschlag hat nicht lange auf sich warten lassen. Heftigen Widerstand gibt’s vornehmlich aus Deutschland. Der Verband der Deutschen Kredit-Wirtschaft hat die Vorlage komplett abgelehnt. Es könne nicht sein, dass die Europäische Union die Bankenabwicklungen zum Standard machen will, ehe alle Rettungswege ausgeschöpft sind. Der bayrische CSU Europa-Abgeordnete Markus Ferber hat es in seinem Statement sogar noch drastischer ausgedrückt. Die EU-Kommission versuche einmal mehr mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, so Ferber.
Widerstand regt sich zudem im Finanzministerium. Christian Lindner hat seinen Widerwillen bereits gegenüber den EU-Kommissaren deutlich gemacht. In Deutschland haben sich neben der Einlagensicherung die Institutssicherungen für die Sparkassen und Genossenschaftsbanken bewährt. Eine neue Regel sei nicht erforderlich.