Der Prozess wurde in New York mit Hochspannung erwartet. Im Juni sollte vor dem dortigen Gericht die Investment- und Wertpapier-Bank Goldman Sachs verklagt werden, von den eigenen Mitarbeiterinnen. Über 2800 Frauen der Goldman Sachs Gruppe hatten eine Sammelklage eingereicht, da sie im Unternehmen über Jahre systematisch schlechter bezahlt wurden, als die Männer an gleichen Positionen. Zum Showdown vor Gericht, bei dem auch Zeugenaussagen geplant waren, wird’s nun aber nicht kommen. Goldman Sachs hat die Gerichtverhandlung im letzten Moment abwenden können, mit einem Vergleich. Das renommierte Geldhaus ist ein Deal mit der Klägerseite eingegangen.
215 Millionen Dollar Nachzahlung: Der Vergleich
Wie mehrere Medien in den USA in den letzten Tagen unabhängig voneinander berichtet haben, lässt sich Goldman Sachs die Vereinbarung 215 Millionen US-Dollar kosten. Die Gelder sollen als Lohnnachzahlungen an die Mitarbeiterinnen fließen. Im Gegenzug haben die Anwälte der Klageseite ihren Antrag vor dem New Yorker Gericht zurückzogen. Offiziell spricht die Geschäftsführung der Goldman Sachs Group in ihrem Statement vom Begleichen einer entstandenen Lohnlücke.
Angeschoben wurde das Verfahren von Cristina Chen-Oste, die ihren Karriere-Start bei Goldman Sachs 1997 vollzog. Chen-Oste war im Bereich des Verkaufes von Wandelanleihen tätig. Bereits 2005 hat sie sich bei einer US-Behörde über die Ungleichbehandlung im Haus beschwert und dann 2010 ihre erste Klage eingereicht.
Nach unseren Informationen hat es in der Vergangenheit mehrere fast identische Verfahren gegen Goldman Sachs gegeben, die von der Bank allesamt mit Vergleichen gelöst wurden. Vor Gericht ist kein einziger Fall gelandet. Da sich beide Partien immer zur Geheimhaltung der Deals verpflichtet haben, sind auch kaum relevante Informationen an die Öffentlichkeit gelangt. Umso größer war die Spannung vor dem nun geplanten Showdown vor einem New Yorker Gericht.
Interne Prüfung der Karriere-Chancen vorgesehen
Zur neuen Vereinbarung gehört aber nicht nur die Nachzahlung von 215 Millionen Dollar. Goldman Sachs hat sich parallel dazu verpflichtet, einen externen Experten für drei Jahre im Unternehmen zu beschäftigen, der intern die Leistungsbewertungen und die Beförderungschancen bewertet. Es soll festgestellt werden, ob es tatsächlich eine Ungleichbehandlung zwischen Frauen und Männern gibt und wie diese eventuell dauerhaft beigelegt werden kann.
Ein Drittel der Nachzahlung sind Anwaltskosten
Nicht verschweigen wollen wir an dieser Stelle, dass die 2.800 klagenden Goldman Sachs Mitarbeiterinnen aber nicht die vollen 215 Millionen US-Dollar bekommen. Die wirklichen Profiteure sind – wie in den USA fast immer – die Rechtsanwälte. Rund ein Drittel der Vergleichssumme streichen sich die Anwälte als Honorar ein.
Der US-Finanzmarkt: Männer dominieren das Geschäft
Die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen am US-Markt ist eigentlich ein langzeitbekanntes, offenes Geheimnis. Richtig ist, dass der Punkt nicht nur Goldman Sachs betrifft, sondern quasi alle namhaften Finanz-Institute im Land. Schaut man sich ausschließlich die sechsten größten Banken der USA wird klar, dass fünf dieser Kreditinstitute in der Vergangenheit noch nie von einer Frau geleitet wurden. Bei einer Bank war eine Frau wenigstens für einen kurzen Zeitraum in die Führungsspitze aufgestiegen.
Unsere Meinung zum Goldman Sachs Deal: Wenn eine Finanz-Managerin in einer Bank die identische Arbeit leistet und die gleiche Verantwortung wie ein Mann trägt, so soll sich auch entsprechend bezahlt werden, nämlich gleich. Positiv ist aber, dass man sich in der US-Finanzbranche gegen jegliche Quoten für Frauen zur Wehr setzt. Ein Karriere-Aufstieg oder eine Posten-Besetzung für eine Frau nur aufgrund des Geschlechtes ist ebenso falsch. Letztlich muss in der Wirtschaft, egal in welcher Branche immer nur die Leistung zählen, nicht mehr und nicht weniger. |
Goldman Sachs – Daten und Fakten zum Finanzriese
Goldman Sachs wurde 1869 in New York von Marcus Goldman und Samuel Sachs gegründet. Heute gehört Goldman Sachs zu den weltweit 30 relevantesten Bankhäuser. Das Unternehmen, welches von David Solomon geführt wird, ist auf dem 60. Platz der umsatzstärksten US-Unternehmen zu finden. Es gibt unzählige Tochter-Unternehmen und Sparten, mit denen Goldman Sachs Geld verdient. Das Privatkundengeschäft wird zum Beispiel über die Direktbank Marcus geführt.
Aus dem Haus kommen zahlreiche Persönlichkeiten, die in anderen Bereichen Karriere gemacht haben, beispielsweise der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi, der italienische Ex-Ministerpräsident Mario Monti, die Berater des US-Finanzministeriums Henry Paulson und Robert Rubin sowie Chef-Überwacher des globalen Finanzsystems Mark Carney.