
Die EZB-Leitzinsen befinden sich bekanntlich mittlerweile seit rund einem Jahr auf einem historischen Tiefpunkt. Die Europäische Zentralbank hat zum Ankurbeln der Wirtschaft seit geraumer Zeit verfügt, dass der Leitzins bei 0,0 Prozent liegt. Somit können sich Banken heute umsonst gilt bei der Europäischen Zentralbank leihen.
Dies hat unter anderem dazu geführt, dass Anleger zwar einerseits kaum noch Zinsen für ihre Einlagen erhalten, aber auf der anderen Seite die Kreditzinsen deutlich gesunken sind. Im Anlagebereich gehen mittlerweile sogar manche Banken dazu über, bei größeren Guthaben sogenannte Strafzinsen zu veranschlagen. Der Anleger zahlt dann also für sein Guthaben Zinsen an die Bank und nicht umgekehrt, wie es eigentlich sein müsste. Unter anderem aus diesem Grund stellen sich manche Kreditsuchenden die Frage, ob es vielleicht zukünftig sogar zinslose Darlehen geben wird.
Null-Prozent-Finanzierung schon jetzt am Markt vorhanden
Im Grunde lässt sich die Frage danach, ob zinslose Darlehen möglich sind, relativ schnell und eindeutig beantworten. Schon jetzt gibt es in manchen Bereichen nämlich eine sogenannte Null-Prozent-Finanzierung. Es handelt sich dabei um nichts anderes als um ein Darlehen bzw. um eine Ratenzahlungsvereinbarung, bei welcher der Kreditnehmer bzw. Käufer keine Zinsen an den Darlehensgeber zahlen muss. Bisher sind derartige Null-Prozent-Finanzierungen allerdings nicht im Bankenbereich anzutreffen, sondern in erster Linie bei Händlern. Von Zeit zu Zeit findet man – meistens im Rahmen von Sonderaktionen – zum Beispiel in den folgenden Bereichen eine Null-Prozent-Finanzierung:
- Autohändler bzw. Autobanken
- Große Versandhäuser
- Elektronikmärkte
Wie Sie an dieser Auflistung erkennen können, gibt es eine Null-Prozent-Finanzierung und somit ein zinsloses Darlehen bis dato vor allem im Handelsbereich. Der jeweilige Verkäufer möchte damit natürlich in erster Linie Kunden dazu bewegen, das gewünschte Produkt zu kaufen. Somit stellt bei den Händlern ein eventueller Zinsgewinn durch die Finanzierung nur einen positiven Nebeneffekt dar, während die Zinseinnahmen bei den Banken ein Teil der Hauptgeschäftstätigkeit und Einnahmequelle sind. Aus diesem Grund findet man solche zinslosen Darlehen und Ratenzahlungsvereinbarungen bisher noch nicht bei Banken.
Verwandtendarlehen und Familienkredite häufig zinslos
Neben den angesprochenen Händlern und großen Online-Shops, die hin und wieder aufgrund der Null-Prozent-Finanzierung ein zinsloses Darlehen vergeben, finden sich Kredite ohne Zinszahlung aber schon seit vielen Jahren und sogar Jahrzehnten noch in einem anderen Bereich, nämlich in der Sparte Verwandtendarlehen. Bei Familienkrediten und Verwandtendarlehen ist es so, dass sich Familienmitglieder, Angehörige und sehr gute Bekannte untereinander Geld leihen und dafür in vielen Fällen keine Zinsen verlangen. Es handelt sich vielmehr um eine Art Gefälligkeit und zudem ist es natürlich moralisch etwas verwerflich, wenn man einem Familienmitglied Geld leiht und dafür auch noch Zinsen kassieren will.
Was allerdings viele Personen, die ein solches Verwandtendarlehen nutzen, nicht wissen: Ein solcher zinsloser Kredit kann zur Steuerfalle werden. Der Grund besteht darin, dass das Finanzamt bei einer Geldleihe ohne Zinszahlung die Vermutung hat, dass es sich dabei um eine Schenkung handeln könnte. Daraus wiederum resultiert, dass Verwandtendarlehen ab einer bestimmten Summe, die den sogenannten Schenkungsfreibetrag überschreitet, für den Empfänger des Geldes steuerpflichtig werden könnten. Daher sollten Sie besonders bei hohen Darlehenssummen zuerst Informationen einholen, bevor Sie ein derartiges Verwandtendarlehen nutzen. Fällt der Kredit nämlich unter die Steuerpflicht, kann es trotz nicht anfallender Zinsen teuer werden.
Zinslose Darlehen bei Banken: bisher noch nicht
In der aktuellen Situation (Januar 2017) gibt es zwar insgesamt äußerst niedrige Kreditzinsen. Allerdings existieren noch keine Kreditinstitute, die komplett zinslose Darlehen vergeben wurden. Dies bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass es nicht zukünftig bei weiterhin äußerst niedrigen Zinsen passieren könnte, dass auch einige klassische Kreditinstitute ihren Kunden Geld leihen, ohne dafür Zinsen zu verlangen.
Dass dies durchaus passieren könnte, dafür gibt es einen möglichen Grund. Mittlerweile müssen Kreditinstitute nämlich für Guthaben, die sie bei der Europäischen Zentralbank unterhalten, ihrerseits Strafzinsen sein. Daher wäre es natürlich besser, überschüssige Liquidität abzubauen, was vor allem durch die Vergabe von Krediten funktioniert. Die logische Folge könnte also sein, dass die Banken überspitzt ausgedrückt Geld loswerden müssen, und sei es mit einem zinslosen Kredit als zusätzlichen Anreiz für potentielle Kreditsuchende. Ob es allerdings tatsächlich dazu kommen wird, bleibt zunächst einmal abzuwarten.
Tipp zum Immobilienkredit: Bei niedrigen Zinsen höhere Tilgung vereinbaren
Auch wenn es im Bereich der Bankkredite bisher noch keine zinslosen Darlehen gibt: Die Immobilienkredite kommen einer Null-Prozent-Finanzierung mittlerweile relativ nah. Die besten Angebote bewegen sich bereits unterhalb von 0,8 Prozent, die Kreditnehmer beispielsweise für eine fünfjährige Zinsfestschreibung an Kreditzinsen zahlen müssen. Die Finanzierung ist hier also so günstig wie nie zuvor möglich, was allerdings auch eine Gefahr mit sich bringt. Durchschnittlich würden Sie als Kreditnehmer nämlich bei einer standardmäßigen Tilgung von einem Prozent und den niedrigen Zinsen seit über 40 Jahre benötigen, um ein Immobiliendarlehen abzuzahlen.
Daher lautet unser Tipp definitiv, dass Sie gerade wegen der niedrigen Zinsen im Baudarlehen-Bereich eine höhere Tilgung vereinbaren sollten. Natürlich muss die Gesamtrate trotzdem sehr gut tragbar sein, aber in den meisten Fällen können Kreditnehmer problemlos eine anfängliche Tilgung zwischen drei und fünf Prozent stemmen. Dies macht – auch bezüglich des späteren Zinsänderungsrisikos – eine Menge aus, denn dann verkürzt sich die gesamte Laufzeit des Darlehens von über 40 Jahren (bei einem Prozent Tilgung) auf teilweise nur noch knapp über 20 Jahre.