
Wenn eine Privatperson nicht mehr zahlungsfähig ist und aufgrund zahlreicher Verbindlichkeiten als „überschuldet“ gilt, so ist die Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens häufig der letzte Ausweg. Das Verbraucherinsolvenzverfahren, auch „Privatinsolvenz“ genannt, ermöglicht verschuldeten Privatpersonen den Schritt in ein „neues Leben“ mit geordneten finanziellen Verhältnissen. Der folgende Artikel geht auf die Funktionsweise der Privatinsolvenz in Deutschland ein und beinhaltet wichtige Aspekte sowie Tipps und Tricks. Darüber hinaus wird thematisiert, wie und auf welche Weise Privatpersonen nach Ablauf ihrer Privatinsolvenz wieder einen Kredit erhalten können.
So funktioniert die Privatinsolvenz in Deutschland
Um ein Verbraucherinsolvenzverfahren in Deutschland eröffnen zu können, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden. Zuerst einmal ist es, wie namentlich zu erwarten, nur für Privatpersonen möglich in die Privatinsolvenz zu gehen. Darüber hinaus dürfen die Privatpersonen keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben beziehungsweise ausgeübt haben. Ehemalige Selbstständige haben nur dann die Chance ein Verbraucherinsolvenzverfahren zu eröffnen, wenn sie bei weniger als 20 Gläubigern offene Verbindlichkeiten haben. Der Verfahrensverlauf der deutschen Privatinsolvenz lässt sich in vier Teilschritte gliedern. Im ersten Schritt wird versucht eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Hierzu lässt sich der Schuldner von sämtlichen Gläubigern eine aktuelle Forderungsaufstellung zuschicken. Diese Aufstellung wird im Anschluss verwendet, um einen Schuldenbereinigungsplan anzufertigen. Mit Hilfe einer Schuldnerberatungsstelle wird anschließend versucht, einen Plan für die angestrebte Entschuldung zu erstellen. Mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung wird dieser Plan allen beteiligten Gläubigern zur Zustimmung oder Ablehnung vorgestellt (Insolvenzvergleich). Wenn mindestens ein Gläubiger den ihm vorgestellten Plan ablehnt, so kommt es im zweiten Schritt zum gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren.
Das zuständige Insolvenzgericht eröffnet nun ein offizielles Insolvenzverfahren – mit dem Ziel den Gläubigern auf gerichtlichem Weg einen weiteren Schuldenbereinigungsplan vorzustellen. Dieser muss von mindestens 50 Prozent der Gläubiger (nach Anzahl sowie Höhe der Forderungen) angenommen werden, um als rechtskräftig zu gelten. Wird dieser Wert nicht erreicht wird das vereinfachte Insolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenzverfahren) eröffnet. Hierbei wird das vorhandene pfändbare Vermögen des Schuldners verwertet und nach Abzug der offenen Verfahrenskosten an die Gläubiger verteilt. Im letzten und vierten Schritt kommt es zum Restschuldbefreiungsverfahren mit einer so genannten „Wohlverhaltensphase“. Mit dem Ziel der Restschuldbefreiung muss der Schuldner während des Verfahren gewisse Voraussetzungen erfüllen, beispielsweise die Ausübung einer angemessenen Tätigkeit. Das pfändbare Arbeitseinkommen wird in dieser Zeit an einen Treuhänder abgetreten, welcher sich um eine Weiterleitung an die involvierten Gläubiger kümmert. Bis zum Erreichen der Restschuldbefreiung muss eine Gesamtlaufzeit von sechs Jahren „durchgehalten“ werden, wobei vom Eröffnungstag des Insolvenzverfahrens an gerechnet wird. Verstößt der Schuldner während der Wohlverhaltensphase gegen eine der geltenden Obliegenheiten, hat jeder Gläubiger das Recht einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen.
Was passiert nach Ablauf der Privatinsolvenz?
Bei erfolgreicher Beendigung der Wohlverhaltensphase gilt die Privatinsolvenz offiziell als beendet. Die restlichen Verbindlichkeiten werden dem Schuldner gerichtlich aberkannt, sodass gegenüber ihm keine offenen Forderungen mehr bestehen. Der Schuldner hat dadurch die Möglichkeit, zum Aufbau von geordneten finanziellen Verhältnissen wieder bei 0 anzufangen. Wenn während des Insolvenzverfahrens ein so genanntes „P-Konto“ (Pfändungsschutzkonto) eröffnet wurde, so hat man als Privatperson nach Beendigung der Privatinsolvenz wieder das Recht auf Umwandlung in ein „normales“ Lohn- und Gehaltskonto beziehungsweise Girokonto.
Ist man nach der Restschuldbefreiung sofort kreditwürdig?
Was das Thema Kreditwürdigkeit nach der Restschuldbefreiung betrifft, so müssen Privatpersonen, welche erst vor kurzer Zeit ein Insolvenzverfahren hinter sich gebracht haben, erst einmal „kleine Brötchen backen“. Dies hängt ganz einfach damit zusammen, dass sich immer noch Einträge zum Privatinsolvenzverfahren in der SCHUFA befinden, welche bei Banken und Kreditinstituten natürlich alle „Alarmglocken“ läuten lassen. Mit einem geregelten und nachhaltigen Einkommen kann in Kombination mit einem sicheren und unbefristeten Arbeitsvertrag jedoch schnell für neues Vertrauen in Sachen Kreditwürdigkeit gesorgt haben. Ähnlich wie unmittelbar nach dem Erreichen der Volljährigkeit oder dem Beenden der Berufsausbildung müssen sich „Ex-Privatinsolvenzler“ erst wieder einen Bonitätsstatus aufbauen. Dies kann besonders schnell durch eine solide und geordnete Kontoführung erreicht werden, welche einer Bank beispielsweise bereits nach einem Referenzzeitraum von sechs Monaten vorgelegt werden kann. Auch die Schaffung von finanziellen Rücklagen, beispielsweise auf einem Sparbuch oder Tagesgeldkonto, sorgt schnell für einen Anstieg der persönlichen Kreditwürdigkeit.
Diese Aufzeichnungen existieren nach der Privatinsolvenz
Auch wenn ein Insolvenzverfahren nach der Wohlverhaltensphase offiziell als „beendet“ gilt, darf man nicht vergessen, dass auch immer noch zahlreichen Aufzeichnungen zur Privatinsolvenz bestehen. Die während des Insolvenzverfahrens beteiligte Bank, welche das Abwicklungskonto beziehungsweise P-Konto führte, speichert die Daten zur abgelaufenen Insolvenz für viele Jahre und gibt sie auf Anfrage auch an weitere Kreditinstitute weiter. Darüber hinaus bestehen auch SCHUFA-Einträge zum erledigten Verbraucherinsolvenzverfahren, welche ohne Bemühungen des „Ex-Privatinsolvenzlers“ auch so schnell nicht gelöscht werden. Das Bestehen dieser Aufzeichnungen sorgt beispielsweise in den ersten 12 Monaten nach der Wohlverhaltensphase dafür, dass Kredit- oder auch Leasinganfragen im Regelfall pauschal ablehnt werden. Man sollte sich aus diesem Grund möglichst schnell darum bemühen, erledigte SCHUFA-Einträge löschen zu lassen.
Was sollte man nach der Privatinsolvenz beachten?
Nachdem das Privatinsolvenzverfahren offiziell beendet wurde, verfügt man als Privatperson nur bedingt über wirtschaftliche Verhältnisse mit einer „weißen Weste“. Zuerst einmal ist es wichtig, die Ist-Situation bei der SCHUFA zu überprüfen, um zu ermitteln, welche Einträge aus der Insolvenzzeit gelöscht werden können. Hierzu hat jede Privatperson alle 12 Monate das Recht sich kostenfrei eine SCHUFA-Auskunft erstellen sowie nach Hause schicken zu lassen. Mit Hilfe der erstellten Bonitätsauskunft und dem dazugehörigen Rating kann man als Privatperson schnell erkennen, welche Einträge die persönliche Bonität negativ beeinflussen. Laut Informationen der SCHUFA wird der Eintrag „Insolvenzverfahren eröffnet“ spätestens drei Jahre nach Aufhebung oder Beendigung der Wohlverhaltensphase gelöscht. Erfahrungswerte zeigen jedoch, dass die Eintragslöschung auch durchaus früher erreicht werden kann, wenn der SCHUFA in schriftlicher Form und unter Umständen auch mit anwaltlicher Unterstützung etwas „Druck“ gemacht wird. Was die offenen Forderungen aus der Zeit des Insolvenzverfahrens betrifft, so sollte man unbedingt darauf achten, dass auch wirklich alle Negativmerkmale mit einem so genannten „Erledigungsvermerk“ ausgestattet sind. Dies ist wichtig um zu verhindern, dass beispielsweise Banken und Kreditinstitute zukünftig auf die (erledigten) Einträge aufmerksam werden und aus diesem Grund einen Kredit oder auch die Eröffnung eines Girokontos ablehnen. Da die Kommunikation mit der SCHUFA nach der Beendigung einer Privatinsolvenz nicht einfach ist und sehr „zäh“ vonstattengehen kann, ist das Einholen von professioneller Unterstützung sehr empfehlenswert. Ex-Privatinsolvenzler können sich bei SCHUFA-Problemen entweder an einen Fachanwalt oder die zuständige Verbraucherzentrale wenden.
Fazit: Nach dem erfolgreichen Beenden einer Privatinsolvenz ist es trotz dem Ausspruch einer offiziellen Restschuldbefreiung noch ein weiter Weg bis zum Erlangen einer normalen Kreditwürdigkeit. Um nach der Privatinsolvenz einen Kredit zu erhalten, müssen sich Ex-Privatinsolvenzler erst einmal darum kümmern, ein festes und möglichst unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einem guten Einkommen zu erhalten. Im nächsten Schritt sollten Monat für Monat Rücklagen gebildet werden, um während eines Referenzzeitraums von beispielsweise sechs Monate eine geordnete Kontoführung nachweisen zu können. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, dass sich Ex-Privatinsolvenzler intensiv mit ihrer SCHUFA-Auskunft auseinandersetzen. Es ist wichtig, dass möglichst alle SCHUFA-Einträge zum beendeten Insolvenzverfahren im besten Fall gelöscht oder zumindest mit einem „Erledigungsmerkmal“ versehen werden. Bei Durchführung der genannten Schritte hat jede Privatperson wieder die Chance, sich Schritt für Schritt einen für die Kreditvergabe erforderlichen Bonitätsstatus aufzubauen.