
Statistisch kommt es in der Bundesrepublik Deutschland immer häufiger zu Scheidungen. Mittlerweile werden bereits 11 von 1.000 Ehen geschieden, wobei die durchschnittliche Dauer einer Ehe nur noch bei 14,5 Jahren liegt. Im Falle einer Scheidung werden einerseits sämtliche Vermögenswerte der Eheleute geteilt, auf der anderen Seite muss jedoch auch eine Vorgehensweise für bestehende Kredite gefunden werden. Der folgende Artikel geht auf die Möglichkeiten der Kreditabwicklung im Falle einer Scheidung ein und beinhaltet zusätzlich Informationen rund um die Kreditaufnahme nach der Trennung beziehungsweise Scheidung.
Wie haften Eheleute bei einer Scheidung gegenüber der Bank?
Hinsichtlich der Haftung gegenüber der Bank muss im Falle einer Scheidung stets differenziert werden. Im Gegensatz zur Annahme, dass Eheleute bei einem Kredit immer gemeinsam und gesamtschuldnerisch haften, kommt es stets auf die Kreditart, die Gestaltung des Kreditvertrages oder auch den Zeitpunkt der Kreditaufnahme an. Natürlich wünschen die Kreditinstitute bei Verheirateten immer eine gemeinsame Kreditaufnahme, da diese Vorgehensweise für eine erhöhte Kreditabsicherung sorgt, Privat- beziehungsweise Konsumentenkredite werden jedoch häufig auch nur von einem Kreditnehmer aufgenommen. In einem solchen Fall würde bei einer Scheidung lediglich der Kreditnehmer haften, sodass der Partner außen vor bleibt. Gleiches gilt für Kredite, welche vor der Ehe aufgenommen wurden.
Bei Kontoüberziehungen beziehungsweise einem Dispositionskredit wird unterschieden, ob es sich beim jeweiligen Girokonto um ein Einzel- oder ein Gemeinschaftskonto handelt. Bei einem Einzelkonto haftet lediglich der Kontoinhaber, bei einem Gemeinschaftskonto müssen beide Eheleute für den Kontoausgleich haften. Immobilienkredite sind hinsichtlich der Kredithaftung die große Ausnahme, da bei dieser Kreditart bankenseitig stets Unterschriften von beiden Eheleuten verlangt werden. In einigen Fällen kann es vorkommen, dass trotz gemeinsamer Kreditaufnahme nur einer der beiden Eheleute als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird. Auch in einem solchen Fall und auch bei einem Auszug des nicht im Grundbuch stehenden Partners bleibt die Haftung bestehen.
Die Scheidungsvereinbarung hat Einfluss auf die Kreditrückzahlung
Natürlich können bestehende Verbindlichkeiten im Falle einer Scheidung nicht 1:1 auf beide Eheleute verteilt werden. Hinsichtlich der vorherigen und späteren (nach der Scheidung) Einkommenssituation, muss unterschieden werden, welcher Partner finanziell in der Lage ist, welche Anteil der Verbindlichkeiten, welche in der gemeinsamen Ehe aufgenommen wurden, zu tragen. Im Zuge des Scheidungsverfahrens entsteht per richterlichem Beschluss eine so genannte „Scheidungsvereinbarung“, welche die Rückzahlung der bestehenden Verbindlichkeiten regelt. Wenn der Mann in der gemeinsamen Ehe als alleiniger Hauptverdiener agierte, so muss er auch nach der Scheidung im Regelfall den größten Teil der monatlichen Kreditraten übernehmen. Hatten die Eheleute bereits minderjährige Kinder so kommen auf den Mann zusätzlich Unterhaltsverpflichtungen zu, welche bei der „Verteilung der Verbindlichkeiten“ jedoch mit angerechnet werden. Wie bestehende Vermögenswerte sowie Verbindlichkeiten im Zuge einer Scheidungsvereinbarung verteilt werden, ist sehr individuell und hängt stark von der persönlichen sowie finanziellen Situation der beiden Ehepartner ab.
Wichtige Aspekte für die Kreditaufnahme nach der Scheidung
Rund um die Scheidung kommt es häufig vor, dass die geschiedenen Eheleute neue Kreditverträge wünschen. Dies kann entweder damit zusammenhängen, dass sie auch unabhängig von der Scheidungsvereinbarung eine klare Aufteilung der Verbindlichkeiten wünschen und beispielsweise keine gemeinsamen Verträge mit ihrem vorherigen Partner haben möchten. Darüber hinaus wird häufig eine Kreditumschuldung angestrebt, welche dafür sorgt, dass für die bestehenden Verbindlichkeiten ein neuer Rückzahlungsplan gewählt werden kann. Die Höhe der monatlichen Belastungen kann hierbei an die finanziellen Rahmenbedingungen, welche nach der Scheidung bestehen, angepasst werden. Zur Gründung einer neuen Existenz kann es jedoch ebenfalls vorkommen, dass neuer Kreditbedarf entsteht, beispielsweise wenn der Mann aus der gemeinsamen Wohnung auszieht und Ex-Frau und Kinder zurücklässt. Hierbei ist es wichtig, dass Banken der Aufnahme von neuen Verbindlichkeiten natürlich nur dann zustimmen, wenn der Kreditnehmer unter Berücksichtigung seiner alleinigen Einkommensverhältnisse nach wie vor eine positive Bonität vorweisen kann. Bei Männern wird die monatliche Kapitaldienstfähigkeit zusätzlich zu den bestehenden Kreditverpflichtungen auch noch durch Unterhaltungszahlungen belastet, weshalb man schon ein wirklich gutes Nettoeinkommen benötigt, um direkt nach der Scheidung einen weiteren Kredit zu bekommen. Für einen Kredit nach der Trennung beziehungsweise Scheidung sollte man tendenziell lieber das persönliche Gespräch mit der Hausbank aufsuchen beziehungsweise mit der Bank sprechen, bei welcher die bestehenden Kredite aufgenommen wurden.
Über eine Kreditumschuldung mit Zusammenlegung der monatlichen Raten lässt sich bei der Hausbank häufig etwas bewegen, während man als Neukunde bei einer Fremdbank tendenziell eine Kreditablehnung erhält. Dies hängt damit zusammen, dass es zwischen Bank und Kunde noch keine positiven Erfahrungswerte gibt, zumal die Einkommenssituation, welche direkt nach der Scheidung besteht, aus Bankensicht sehr unsicher ist.
Fazit: Im Falle einer Scheidung müssen nicht nur die Vermögenswerte, sondern auch bestehende Verbindlichkeiten gerecht aufgeteilt werden. Die genaue Aufteilung wird durch die gerichtlich beschlossene Scheidungsvereinbarung geregelt, wobei im Vorfeld geprüft werden muss, ob es sich tatsächlich um gemeinsame Verbindlichkeiten handelt. Die gemeinsame Haftung besteht pauschal nicht bei jedem Kreditvertrag und hängt vor allem davon ab, ob der Kreditvertrag von beiden Eheleuten unterschrieben wurden. Was die Kreditaufnahme nach der Trennung beziehungsweise Scheidung betrifft, so kann es verschiedene Gründe dafür geben, weshalb die vorherigen Eheleute die Aufnahme von neuem Fremdkapital wünschen (beispielsweise zur Gründung einer neuen Existenz oder Kreditumschuldung). Aus Bankensicht ist es hierbei natürlich wichtig, dass auch die Bewertung der einzelnen und geschiedenen Eheleute weiterhin eine positive Kapitaldienstfähigkeit ergibt. Hierbei müssen beispielsweise auch Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigt werden, welche im Zuge der Scheidungsvereinbarung beschlossen wurden.